Hommage

Mit Gespür für das emotionale Moment

Zum zehnten Mal würdigt Filmplus in diesem Jahr mit seiner Hommage das Lebenswerk eines für die deutsche Kinematographie bedeutenden Editoren. Mit Gisela Haller ehren die Veranstalter zum Hommage-Jubiläum eine Schnittmeisterin, die über mehr als vier Jahrzehnte hinweg den deutschen Unterhaltungsfilm entscheidend mitgestaltet hat. Als die Filmindustrie ab den 60er Jahren ums Überleben kämpfte, prägten Gisela Hallers exaktes Timing und Rhythmusgefühl sowie ihr Gespür für emotionale Momente unzählige Kassenschlager – entstanden mit den erfolgreichsten Unterhaltungsfilm-Regisseuren des Landes.

Geboren 1936 wächst Gisela Haller in Berlin auf und durchläuft ihre filmische Ausbildung im Kopierwerk der Mosaik-Film sowie bei der Berliner Synchron. Ihr Debüt als erste Schnittassistentin erlebt sie 1959 bei Georg Marischkas „Peter Voss – der Held des Tages“. Dort lernt sie ihren späteren Ehemann kennen, den Schnittmeister Hermann Haller, mit dem sie in den folgenden fünf Jahren als Gespann über 20 kassenträchtige Kinofilme realisiert. Unter anderem montieren und vertonen sie die ersten Filme der Karl-May-Filmwelle (Der Schatz im Silbersee, Winnetou I u.a.) und Beiträge zur Edgar-Wallace-Reihe (Der Zinker, Das indische Tuch u.a.) sowie Komödien mit Heinz Rühmann (Der brave Soldat Schwejk). Als Schnittmeisterin debütiert Gisela Haller 1967 bei Kurt Hoffmann (Herrliche Zeiten im Spessart und Rheinsberg). In den kommenden Jahren arbeitet sie mit begehrten Unterhaltungsfilmern wie Harald Reinl, Werner Jacobs und Franz Josef Gottlieb an Beiträgen zu Jerry-Cotton- oder den Paukerfilmen, aber auch mit dem eigenwilligen Autorenfilmer Marran Gosov, mit Volker Schlöndorff und Wolfgang Staudte. Mit dem legendären Produzenten und Regisseur Franz Seitz, der im Unterhaltungs- wie im Autorenfilm gleichermaßen reüssierte, verbindet sie eine langjährige künstlerische Zusammenarbeit bei Filmen von Pepe, der Paukerschreck (1969) bis zur Lion-Feuchtwanger-Adaption Erfolg (1990). Zum besonderen Schwerpunkt Gisela Hallers gerät zudem die Montage von musikalischen Filmen, Operetten und aufwändigen Konzertmitschnitten, wie sie u.a. in enger Zusammenarbeit mit Herbert von Karajan entstehen. Auch im Bereich der Kinderfilme (Peterchens Mondfahrt, Des Kaisers neue Kleider) und der Jugendmehrteiler im Fernsehen (Nonni und Manni) erringt sie große Erfolge. Mit Manta, Manta sowie Voll normaaal verhilft sie zudem der deutschen Kinokomödie zu Beginn der 90er Jahre zu einem Millionenpublikum – nicht zuletzt Ralf Huettners Voll normaaal mit Tom Gerhard gilt heute als der Start des erfolgreichen deutschen Comedian-Kinos. 2006 schließt sich dann mit ihrer offiziell letzten Schnittarbeit ein Kreis: Mit Michael Kreihsls TV-Film Heute heiratet mein Mann montiert sie eine Neuadaption, deren erste Fassung 1956 im Kino Millionen begeistert hatte. Regie führte damals jener Kurt Hoffmann, bei dem Gisela Haller als Schnittmeisterin 40 Jahre zuvor begonnen hat.

Die maßgeblich vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW unterstützte und seit Bestehen mit einer Ehrung durch den Bundesverband Filmschnitt – Editor e.V. (BFS) verbundene Hommage-Reihe wird ergänzt durch den mit 3.000 Euro dotierten Geißendörfer Ehrenpreis Schnitt

 

Oliver Baumgarten führte ein ausführliches Interview mit Gisela Haller. Eine ausführliche Filmographie der Editorin findet sich hier und Details zu den Veranstaltungen der Hommage hier.

Bildmaterial zur Hommage findet sich auf der Presseseite zum Download.